Noch e Grönsche könndste griechn

Die Hellenen sind den Sachsen näher, als mancher glaubt.

Ob Steuerhinterziehung, gefälschte Wirtschaftsdaten oder die immer neuen Milliarden für immer neue Rettungsschirme: Wann immer Griechenland derzeit zum Thema wird, ist der Ärger auch in Sachsen groß. Dabei sind die Hellenen dem Freistaat näher, als mancher glaubt. Und das nicht nur, weil es die Sachsen waren, die im Jahr 2007 noch vor Beginn der großen Krisen eine formidable Fast-Pleite hinlegten. Bekanntlich mussten damals die Baden-Württemberger die Sachsen LB retten – so wie heute EU, EZB und IWF die Griechen.

Nein, gemeint ist ein weiterer, fast vergessener Berührungspunkt in der Geschichte beider Länder, an den man sich heute allenfalls noch auf Schloss Weesenstein erinnert. Die Anlage im malerischen Müglitztal bei Pirna verfügt nicht nur über Kuriosa wie Pferdeställe im fünften Stockwerk und mit ihrem Stilmix vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert über zahlreiche Zeugnisse der Regionalgeschichte. Als Lieblingsschloss Johanns von Sachsen (dessen Reiterstandbild heute vor der Dresdner Semperoper steht) weist es auch zahlreiche europäische Bezüge auf. Der Wettiner-Prinz fertigte hier große Teile seiner bis heute gültigen Übersetzung von Dantes „Göttlicher Komödie“ an. Und im Wohntrakt hat sich zum Beispiel eine Panoramatapete mit dem Titel „Die Kämpfe der Griechen“, Zeugnis des im 19. Jahrhundert weit verbreiteten Philhellenismus, erhalten.

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Melancholia und die Meteorologie der Krise

Warum Lars von Triers aktueller Kinofilm lange nachwirkt. 

Melancholia

Es gibt wichtigere Themen als das Wetter, und am vergangenen Wochenende hat es sich mit dem heraufgezogenen Regentief sowieso gedreht. Dennoch war der zurückliegende November, sonst eine Zeit grauer Depression, in diesem Jahr mit seinen Lichtspielen, dem klaren Taghimmel und den blassrosa Sonnenuntergängen höchst bemerkenswert. Beinahe unwirklich mutete einem dieser Monat an, und wenn die sonnenbeschienene Oberfläche des Mondes am Nachmittag zwischen Schäfchenwolken stand, konnte einen das an Lars von Triers aktuellen Kinofilm „Melancholia“ erinnern, dessen handelnde Personen gebannt auf den titelgebenden, fremden Planeten Melancholia blicken, der – so will es der Plot – todbringend auf die Erde zurast.

Dem Film, der zwei Schwestern im Angesicht der Katastrophe zeigt, wurde der Vorwurf gemacht, er verherrliche die Depression. In der ersten Hälfte, die von einer Hochzeit erzählt, trennt sich eine der beiden, gespielt von Kirsten Dunst, scheinbar ohne Anlass, aus einer sie plötzlich ergreifenden Melancholie heraus von dem ihr gerade angetrauten Mann und bricht auch sonst auf selbstzerstörerische Weise mit fast allen, die ihr nahe stehen.

Die eigentliche Vermählung aber findet in der zweiten Hälfte statt: Melancholia und die Meteorologie der Krise weiterlesen

„Was sollen sie denn anderes tun?“

Die Leipziger Japanologin Steffi Richter spricht im Interview (für die Freie Presse Chemnitz) über die japanische Katastrophe, westliche Vorurteile und die Notwendigkeit zu helfen.

„Wenn eine hoch entwickelte westliche Gesellschaft von solchen Katastrophen betroffen ist, ist man geneigt zu glauben, es brauche solche Hilfe nicht. Aber das stimmt nicht. Die Solidarität ist dringend nötig.“

Eine Möglichkeit zu spenden gibt es zum Beispiel hier und hier.

Wenn Weltgebäude wanken

Angesichts der Ereignisse in Japan ist Kulturjournalismus gerade ziemlich unwichtig. Wichtig ist nur die Hilfe dort, und ob es gelingt, in Fukushima das Allerschlimmste doch noch abzuwenden.

Dennoch ein Versuch, sich zu dem Geschehen unter Rückgriff auf eine andere epochale Katastrophe zu verhalten. Wie das Erdbeben von Lissabon 1755 das Gottvertrauen Europas erschütterte, untergräbt Fukushima jetzt den Glauben an die Berherrschbarkeit der Technik in der modernen Welt.

Aldi oder Gucci

Die eine saß jahrelang an der Supermarktkasse, die andere bei Anlageberatern, Fondsmanagern und in Baden-Baden am Roulettetisch. Viel haben die Ich-Berichte von Anna Sam („Die Leiden einer jungen Kassiererin“) und Heike Faller („Wie ich einmal versuchte, reich zu werden“) auf den ersten Blick nicht miteinander gemein. Doch zusammengenommen geben sie Auskunft über Gemütslagen der Mittelschicht.

Lesen Sie hier meine Doppelrezension für das Magazin der Leipziger Volkszeitung.

Mythos Opel: Verdrängte Geschichten

Wann immer in diesen Tagen von Opel als Symbol die Rede ist, wird nostalgisch zurückgeblickt. Die Marke stehe „für Solidität und Biederkeit der fünfziger Jahre, für Familiensinn und Wirtschaftswunder“, schreibt etwa der Spiegel und resümiert: „für die Grundlagen von allem also“.

Doch macht man sich die Mühe, einmal in einschlägige Veröffentlichungen zur Firmenhistorie zu blicken, dann wird schnell klar, dass sich die Opel-Story keineswegs so bruchlos und so glanzvoll abspielte, wie sie die kollektive Erinnerung im Angesicht des gegenwärtigen ökonomischen Desasters erscheinen lassen will. Eine Recherche für die tazzwei.