Im Krähwinkel der Landeshistorie

Der Chemnitzer Historiker Frank-Lothar Kroll legt eine „Geschichte Sachsens“ vor. Dabei spart er nicht mit Seitenhieben auf Karlheinz Blaschke, den Übervater des Fachs.

Freie Presse Chemnitz, 23. Juli 2014

August der Starke – ein unumschränkter absolutistischer Herrscher? Das werde gelegentlich vorschnell behauptet, etwa von Blaschke. Seine Ambitionen auf Polens Thron? „Es war keineswegs nur dekorativ ummantelte ,Ehr- und Ruhmsucht‘ (Blaschke), die den sächsischen Kurfürsten damals nach der polnischen Krone greifen ließ.“ Und der Prunk an Augusts Hof? Wer darin nur das ziellose Irrlichtern einer „unwirklichen Scheinwelt“ (so Blaschke) zu erkennen vermöge, der messe an den falschen Kategorien.

„Geschichte Sachsens“ lautet schlicht der Titel von Frank-Lothar Krolls Überblicksdarstellung, der die Zitate entnommen sind. Sie ist bei C. H. Beck Wissen als letzter von 16 Bänden zur Geschichte der einzelnen Bundesländer erschienen. Und ob bei Augusts Repräsentationswesen oder der Frage nach der Sinnhaftigkeit der sächsisch-polnischen Union, ob zuvor bei der Charakterisierung Moritz’ von Sachsen oder später bei der sogenannten Bodenreform: Der Verfasser, Historiker für europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der TU Chemnitz, Vorsitzender der Preußischen Historischen Kommission und Autor wie Herausgeber einer Landesgeschichte Hessens wie eines Bandes über „Die Herrscher Sachsens“, legt keineswegs nur einen an Fakten orientierten Abriss vor. Kroll nutzt die Gelegenheit auch, um angebliche Fehlurteile anderer Autoren anzugreifen – vor allem Karlheinz Blaschkes, des Nestors der sächsischen Landesgeschichte, der in der DDR als nichtmarxistischer Historiker und Landeskundler ein Außenseiter war und nach dem Mauerfall zur Zentralgestalt eines wiederbelebten Faches avancierte.

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