Land der Hoffnungen, Land der Widersprüche

Der Schriftsteller Chaim Noll erzählt in seinem Buch „Kolja“ Geschichten aus Israel. Er zeigt ein anderes Land, als wir es aus dem Fernsehen kennen.

Dass Chaim Noll nicht nur gut erzählen kann, sondern auch einen Blick für gesellschaftliche Verhältnisse besitzt, hat er schon vor Jahren in seinem autobiografisch inspirierten Roman „Der goldene Löffel“ bewiesen. Der Schriftsteller, Sohn des linientreuen DDR-Autors Dieter Noll („Die Abenteuer des Werner Holt“), hatte den Wehrdienst verweigert und war 1983 in den Westen übergesiedelt. Nun zeichnete er aus der Binnensicht eines mit dem titelgebenden goldenen Löffel im Mund Geborenen ein Bild aufrührerischer Jugend in einem System, das sich als verknöchert und reformunfähig erweist. Es war ein vorweggenommener Abgesang: Kurz nachdem der Roman im September 1989 erschienen war, fiel bekanntlich die Mauer.

Auch sein neuestes Buch, der Erzählungsband „Kolja – Geschichten aus Israel“, liefert jetzt eine gesellschaftliche Analyse mit, freilich mit umgekehrten Vorzeichen. Chaim Noll, der mit seiner Familie 1995 nach Israel übersiedelte und sich in der Negev-Wüste nahe Beer-Sheva, aber auch nahe dem Zaun zu den besetzten Gebieten niederließ, entwirft darin ein Bild seiner Wahlheimat jenseits verbreiteter Stereotype. Und so gegenwärtig Ungerechtigkeiten und die Bedrohung durch Gewalt in den knapp 40 Geschichten auch sind, findet er doch immer wieder auch Hoffnungspunkte, vielleicht sogar eine Art Aufbruchstimmung.

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„Ich wusste jeden Morgen, wogegen ich war“

Der Kulturkanal Arte zeigt heute, 22.15 Uhr einen Mitschnitt der Dresdner Theateradaption von Uwe Tellkamps Roman „Der Turm“.

Lesen Sie hier mein Interview mit dem Regisseur Wolfgang Engel (geführt vor der Premiere im September 2010 für die Freie Presse Chemnitz) über die Endzeit der DDR, das Dresden der 1980er-Jahre und seine Theaterarbeit damals. Ein etwas älteres Porträt Wolfgang Engels, erschienen im November 2006 im Kreuzer – Das Leipziger Stadtmagazin, finden Sie hier.

Volontariatsstation Kulturressort

Das Foto (Quelle: A. Praefcke/Wikimedia) zeigt ein Schmuckstück der Ost-Moderne – einen Teil der Stadthalle Chemnitz, entworfen Ende der 1960er-Jahre von einem Kollektiv um Stadtarchitekt Rudolf Weißer.

Hier erfahren Sie mehr über einen wichtigen Leuchtturm der Region. Und hier finden Sie Beispiele meiner Arbeit im Kulturressort der Freien Presse Chemnitz.

Stadthalle

Deutschland, deine Denkmale

In Berlin und Leipzig wird über Einheits- und Freiheitsdenkmale gestritten, in Dresden über eines, das an die Rede Helmut Kohls im Dezember 1989 vor der damaligen Ruine der Frauenkirche erinnert. Der Berliner Historiker Wolfgang Wippermann liefert mit seiner Streitschrift „Denken statt denkmalen – Gegen den Denkmalwahn der Deutschen“ einen geschichtlichen Abriss zur Debatte.

Eine Rezension für die Freie Presse Chemnitz.

„Ich wusste jeden Morgen, wogegen ich war“

Der Theaterregisseur Wolfgang Engel inszeniert am Dresdner Staatsschauspiel eine Bühnenfassung von Uwe Tellkamps Roman „Der Turm“. Im Interview (für die Freie Presse Chemnitz) spricht er über die Endzeit der DDR, das Dresden der 1980er-Jahre und seine Theaterarbeit damals: „Trotzdem war es auch immer eine Gratwanderung: Auszuloten, was geht, aber es nicht zu überreizen, damit eine Inszenierung nicht verboten wird. Das heißt, es stand immer die Frage: Verhältst du dich noch taktisch, oder bist du schon ein Opportunist?

Ein etwas älteres Porträt Wolfgang Engels, erschienen im November 2006 im Kreuzer – Das Leipziger Stadtmagazin, finden Sie hier.

Von Pankow bis zum Runden Tisch

„Es war nicht alles schlecht“ oder SED-Unrechtsstaat? Wann immer im Gedenkjahr 2009 die DDR erinnert wurde, konnte man den Eindruck gewinnen, es habe verschiedene Länder dieses Namens gegeben. Der Essayband „Erinnerungsorte der DDR“, herausgegeben von dem Historiker Martin Sabrow, beschreibt wichtige Kristallisationspunkte der Erinnerung an den überwundenen Staat und ihre widersprüchlichen, sich wandelnden Bedeutungen.

Lesen Sie hier die Rezension für den Berliner Tagesspiegel.

„Die Freude und die Bestürzung gehören zusammen“

Der Politikwissenschaftler und Leipziger-Buchpreis-Träger Herfried Münkler („Die Deutschen und ihre Mythen“) spricht im Interview (in der Märkischen Oderzeitung Ostbrandenburg, im Freien Wort Südthüringen und ab heute auch in Kunststoff, Kulturmagazin für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) über 20 Jahre DDR-Umsturz und Mauerfall, das geplante Einheits- und Freiheitsdenkmal in Berlin und darüber, warum der 9. November – Nacht der Grenzöffnung 1989, aber auch des Novemberpogroms 1938 – den besseren Gedenktag abgegeben hätte.

„Die Qualität eines politischen Mythos ist gerade die Fähigkeit des Fort- und Umerzählens und auch der Umgang mit Mehrfachkodierungen. […] Einerseits erfüllt uns dieser Tag mit einer gewissen Zufriedenheit über den Verlauf unserer Geschichte. Andererseits erfüllt er uns immer auch mit einer Bestürzung über das, was der 9. November auch noch war.

Wo waren Sie …

… in der Nacht, in der die Mauer fiel? Die Schriftstellerin Julia Franck („Grenzübergänge“) und der Essayist Renatus Deckert („Die Nacht, in der die Mauer fiel“) haben jeweils rund zwei Dutzend Autoren aus Ost und West um ihre Erinnerungen an den 9. November 1989 und die Grenzöffnung gebeten. Das Kuriose: Kaum einer ist tatsächlich dabei gewesen.

Eine Doppelrezension für Kunststoff, Kulturmagazin für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Nicht im Netz, aber dafür hier gedruckt zu haben.

Monumente aus Rennpappe

Braucht die erweiterte Bundesrepublik einen Gründungsmythos? Auf der Leipziger Buchmesse war der Jahrestag des Mauerfalls das große Thema. Es ging um Ost-West-Identitäten und reichlich Symbolpolitik. Ein Rückblick für den Kulturteil der taz.

Und ein Einwand der Redaktion, der nicht ganz von der Hand zu weisen ist.